Sommerpause: Hundert Jahre Bukowski

Am vergangenen Sonntag, dem 16.08.2020, wäre Charles Bukowski 100 Jahre alt geworden. Grund genug, ihm auch den zweiten Teil der Sommerpause zu widmen. Du bist der Größte, Charles. Danke für alles.

*

DIE VERWANDLUNG

Ich lebe mit einer Frau und vier
Katzen zusammen, und an manchen Tagen
kommen wir alle miteinander aus.

An manchen Tagen habe ich Krach
mit einer der
Katzen

an anderen Tagen hab ich Krach
mit zwei von
ihnen

an anderen
mit drei.

Und manchmal habe ich Krach mit
allen vier Katzen

und mit der
Frau:

Dann sehen mich zehn Augen an
als wär ich ein Hund.

*

KATZE BLEIBT KATZE

Um zwei Uhr früh
klatscht sie in die
Hände und pfeift
den Katzen
während ich hier
sitze und meinen
Beethoven höre.

„Sie stöbern nur
draußen rum“, sag ich ihr.

Beethoven rasselt majestätisch
mit seinen Knochen

aber den verdammten Katzen
ist alles völlig
schnurz

und wenn es
nicht so wäre
hätte ich sie nicht mehr
so gern:

Was sich menschlichem
Verhalten annähert
verliert seinen
natürlichen Wert.

Nichts gegen
Beethoven:

Für seine
Verhältnisse
macht ers
ganz gut.

Aber ich würde
ihn nicht auf meinem
Teppich haben wollen,
ein Bein steil
über den Kopf
gereckt, während
er sich die
Eier leckt.

*

DIE BRÜCKE VON ARLES

Van Gogh schnitt sich
das Ohr ab
und gab es einer
Prostituierten
die es angewidert
wegwarf.

Van: Huren wollen
keine Ohren
sie wollen
Geld.

Wahrscheinlich warst du
deshalb so ein großer
Maler: Du hast
sonst nicht viel
verstanden.

*

WAS MACHT DEIN HERZ?

In meinen schlimmsten Zeiten
auf Parkbänken
in Gefängnissen
oder wenn ich mit Nutten
zusammenlebte
blieb mir immer eine
gewisse Zufriedenheit –
ich würde es nicht
Glücksgefühl nennen
es war eher eine innere
Ausgeglichenheit
die mich alles nehmen ließ
wie es kam.
Das half mir
in den Fabriken
und wenn es
mit Frauen schief
ging.

Es half mir über den
täglichen Kleinkrieg
und die Katerstimmung
weg, über die
Schlägereien in Gassen
und die Krankenhäuser.

In einem billigen Zimmer
in einer fremden Stadt
aufzuwachen und das
Rollo hochzuschieben –
das gab mir eine ganz
verrückte Zufriedenheit;

und über die Dielen zu einer
alten Kommode mit einem
gesprungenen Spiegel zu gehen –
mich darin zu sehen, hässlich,
und über alles zu grinsen.

Das Entscheidende ist
wie gut man durchs
Feuer geht.

*
Alle Werke aus: „You Get So Alone at Times that It Just Makes Sense“; Charles Bukowski; 1986

 

 

 

 

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