Lieblingstier

Ich möchte Euch den seltsamsten Vogel von allen vorstellen. Den KAKAPO. Er ist der einzige bekannte flugunfähige Papagei. Aber um ihn zu beschreiben, muss man erst mal den loben, der ihn wirklich bekannt gemacht hat: Douglas Adams, geboren 1952 in Cambridge, England, verstarb schon am 11.05.2001 in Santa Barbara, Kalifornien – an einem Herzinfarkt, während er ein Fitness-Studio(!) besuchte. Dieser Tod war genau so tragikomisch wie sein ganzes Werk. Ich habe seine Bücher geliebt und alle nacheinander gelesen, sie geradezu verschlungen und kam so manches Mal minutenlang nicht mehr aus dem Lachen raus. Sein bekanntestes Werk sind die „Fünf Bände der vierbändigen Trilogie“: Per Anhalter durch die Galaxis. Er bedauerte immer sehr, nur auf dieses Werk reduziert zu werden, was ich sehr gut verstehen kann. ALLES, was ich von Douglas Adams las, was de facto auch ALLES ist, was er je geschrieben hat, war exzellent. Douglas war ein großer Meister der Erzählkunst, er hatte einen fantastischen Humor und er versuchte sich an einer ganzen Reihe von Genres und meisterte sie mit Bravour. Er liebte es auch, Witze über Deutsche zu reißen, worüber ich wiederum herzlich lachen konnte, weil es unseren deutschen Nerv traf, wenn man es las. Leider wurde er nur 49 Jahre alt und als ich von seinem Tod 2001 erfuhr, war ich sehr traurig darüber. Es bedeutete, von nun an nie wieder auf ein neues Buch von ihm zu warten, es bedeutete auch, nie wieder über eine neue seiner fantastisch komischen Ideen nachzudenken und wie um alles in der Welt er auf sowas Schräges kommen konnte. Aber ich verbringe noch heute viel Zeit damit, über das nachzudenken, was ich bereits von ihm kenne. Ich vermisse ihn sehr und hätte mich in den vergangenen zwanzig Jahren sicher auf zahlreiche Bücher und schöne Stunden damit gefreut. Eines seiner Bücher, auf das er zurecht sehr stolz war, gehört zu meinen absoluten Lieblingsbüchern und heißt „Die Letzten ihrer Art“.

Er besucht darin gemeinsam mit einem Biologen aussterbende Tierarten nach dem Motto des Untertitels, dass es vielleicht die letzte Chance sei, diese Arten zu sehen, bevor sie für immer ausgestorben sind. Eines der Kapitel beschäftigt sich mit dem Yang-Tse Delphin, der sich aufgrund fehlender Augen nur über sein Hörvermögen orientiert. Allerdings sind die Geräusche im chinesischen Yang-Tse mit all seinen Booten und dem damit verbundenen kakophonischem Lärm so laut, dass er sich völlig orientierungslos in Schiffs-Schrauben verfängt oder dorthin vertrieben wird, wo es keine Nahrungsgrundlagen mehr für ihn gibt. Ein anderes Kapitel beschäftigt sich mit den lebenden Monstern der Kodomo-Warane, diese Riesen-Echsen, die nur deswegen überleben dürfen, weil sie als schaurige Touristenattraktion mit an Seilen gefesselten Lämmern gefüttert werden. Der Star des Buches ist jedoch dieser flugunfähige Papagei. Adams schreibt, dass der Vogel als nahezu ausgestorben gilt, weil er Zeit seiner Evolution nie natürliche Feinde hatte. Aber seit Menschen auf seine Heimat-Inseln Neuseelands kamen und dort Katzen oder Ratten oder anderes Vieh einschleppten, reduzierten sich die Bestände des Kakapos dramatisch. Er war es nicht gewöhnt, vor seinen Feinden zu fliehen, weil er einfach keine hatte und glotzte sie wahrscheinlich nur bescheuert an, wenn sie auf ihn zukamen. Sein einziger natürlicher Feind war der Adler, weswegen der Kakapo bei Gefahr einfach zu einer Art ‚Salzsäule‘ erstarrte und sich auf seine Tarnung verließ. Gegen räuberische Säugetiere nicht unbedingt die beste Verteidigung. Eine Wildkatze schaut sich das vielleicht kurz mal interessiert an, aber wischt ihm dann trotzdem eine.

Hinzu kommt, dass der Kakapo nur alle zwei Jahre paarungsbereit ist und das Männchen zum Suchen einer Partnerin Ewigkeiten braucht, nachdem er zunächst viele Jahre darauf verwandt hatte, überhaupt zum ersten Mal geschlechtsreif zu werden. Eines seiner heftigsten Nachteile gegenüber all den Ratten oder Wildkatzen oder sonstigen Fressfeinden ist, dass das einzige Ei, das vom Weibchen gelegt wird, in einer einfachen Erdkuhle ohne schützendes Laub oder Nestmaterial frei herum liegt. Und diese Eier werden von allen möglichen Viechern sehr als Delikatesse geschätzt. Das krasseste Handicap von allen ist aber, dass der männliche Papagei nur in Bassrufen kommunizieren kann, die das Weibchen zwar hört, aber nicht weiß, woher sie kommen. Das kann man sich etwa so vorstellen: „Hallo hörst Du mich?“ „Ja, ich kann Dich hören, wo bist Du?“ „Hier bin ich, komm zu mir“ „Wo ist denn hier?“ „Na hier, Du hörst mich doch“ und so weiter und so fort. Der Papagei hält diese Grunzlaute, die er von sich gibt, wahrscheinlich für sehr aufregend. Sie werden stufenweise tiefer und breiten sich kilometerweit aus und sie klingen, wie Basstöne nunmal klingen: BOOM. BOOOOM. BOOOOOOM. Aber wer sich je mit den Bassklängen von Subwoofern beschäftigt hat, der weiß, dass man die Box überall aufstellen kann und überhaupt nicht zu orten ist, wo die Töne herkommen. Und wenn das endlich soweit ist, dass sich von den wenigen Vögeln auf ordentlich großen Inseln ein Pärchen zusammen findet – wahrscheinlich weil sie sich auf ihren Spaziergängen zufällig begegnen – legt das Weibchen dieses eine Ei in eine Kuhle, die sie ohne großen Aufwand mit ihren Füßen in den Sand gescharrt hat.

1890 begann man erstmals mit der Rettung des lustigen Papageis und versuchte, ihn auf „Resolution Island“ zu isolieren. Keine zehn Jahre später durchschwammen Marder die etwa eine Kilometer breite Meerenge zwischen der Insel und dem Festland, siedelten sich dort an und vernichteten binnen kurzer Zeit die gesamte Kakapopopulation. So ging es immer auf und ab mit den Erfolgen, diese seltsamen Wesen zu retten, die übrigens ausgesprochen putzig und immer ein bisschen wie gerupft aussehen. Menschen gegenüber sind sie nach wie vor sehr aufgeschlossen und sehr neugierig, weil sie es über die Jahrhunderte immer noch nicht gelernt haben, gegenüber uns und allen anderen Säugetieren vorsichtig zu sein. Kurzum, ist es ein kaum fassbares Wunder, dass es diesen Vogel überhaupt noch gibt, seitdem Menschen ihre Inseln besiedelten. Sein Bestand reduzierte sich zum Zeitpunkt des Besuchs von Douglas Adams 1989 bis zur Jahrtausendwende auf nur noch zehn bis zwanzig Exemplare. Adams trug zweifelsfrei dazu bei, den kleinen Kernbeißer populär zu machen. In den darauf folgenden Jahren bis heute wurden mehrere aufwändige Rettungsaktionen gestartet, die viel Geld kosteten und oft von anonymen Spendern finanziert wurden. Manche davon erwähnten in ihren Widmungen auch, dass sie über „Die Letzten ihrer Art“ auf den Vogel aufmerksam wurden. 2010 zählte man 47 Vögel, inzwischen hat sich die Population wieder etwas erholt und es sind um die 200 Exemplare – und das, obwohl der Kakapo durchschnittlich 95 Jahre alt wird! Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist: Es gab in den gesamten, letzten 120 Jahren nie mehr als 200 Exemplare. Vielleicht hat Douglas ihn gerettet. Danke sehr. Vor allem auch für die vielen tollen Stunden mit Deinen Geschichten.

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