KRICHICHDIEKRISE (2010)

Morgen fahr ich wieder Bahn. Früher hab ich mich richtig drauf gefreut. Heute krichichdieKrise. Das geht schon damit los, dass ich trotz aller Fahrpreiserhöhungen immer noch VIER TALER für die Reservierung extra hinlegen muss. Das aber nur, weil ich im Online-Verfahren selbst die Verbindungen kreuz und quer prüfe und ohne Beratung einer DB-Fachkraft meine Karten kaufe, mit meinem eigenen PC auf meinem Papier (hohe Qualitätsstufe) ausdrucke und mich im sicherheitsgeprüften Bahn-Spezial-Ident-Verfahren mit ner Karte ausweise und hoch und heilig schwöre, eine Passwort/User-Kombi mit mindestens acht gemischten Groß- und Kleinbuchstaben, Sonderzeichen und Zahlen einzugeben, die ich natürlich prompt jedes Mal vergesse. DakrichichdieKrise.

Neulich hab ich mir im Hauptbahnhof mal zwei Stunden Zeit beim Umsteigen gelassen. Nun hat der Berliner Hightech-Lokschuppen zwar fünf Ebenen, 120 Fachgeschäfte und mindestens vier Uhren versteckt, aber gerade mal gefühlte 24 Schließfächer für Tausende von Umsteigern, die natürlich prompt alle belegt waren. „Nutzen Sie auch unsere Gepäckaufgabe in Ebene 1“, stand da. Vier Etagen höher – wieso heißt das Ebene 1 ?? – kostet das natürlich fünf Euro extra – und zwar pro Tasche! KrichichdieKrise. Abersowasvon.

Natürlich wird’s auch morgen wieder Verspätungen geben. Nach all den Jahren ist mir völlig unverständlich, wie die Bahn angebliche 98% pünktliche Züge errechnet. Die einzige Erklärung dafür kann nur im Regionalverkehr liegen. Also zwischen Fickmühlen und Debstedt (nein, die Ortsnamen sind nicht erfunden) funzt das sicher mit ’ner 100%-Quote. Ich krieg ja die zwei Prozent Verspätungen schon ganz alleine ab! Irgendwas kann da nicht stimmen, aber ich komm ums Verrecken nicht drauf. In Kassel hab ich sonntags jedenfalls noch nie auch nur einen ICE pünktlich gekriegt. Enorme (!) Krisekrichichda.

Ich befürchte auch, dass dort außer Computern niemand mehr arbeitet. Dann sagt so ’ne Metallstimme am Gleis: „Der I-C-E-1-2-3-ü-ber-x-und-y-hat-zehn-Mi-nu-ten-Ver-spä-tung. Wir-bit-ten-um-Ver-ständ-nis“ Nein! Hab‘ ich kein Verständnis für, nicht mal ein Quantum. Wofür denn? Wie kann ich für etwas Verständnis haben, was völlig unbegründet ist? Wenn die Russenmafia die Oberleitungen geklaut hat, dann hab ich Verständnis für die Verspätung. Aber ich hab doch nicht Verständnis für die Verspätung als solche. Ich bin ja auch nicht früher nach Hause gekommen und sagte: In Mathe hab ich ne Fünf; ich bitte um Verständnis! Krisekrichichda!

Anfangs fand ich „Sänk ju for träwelling“ noch ganz lustig, Die Bahn lässt aber auch nichts unversucht, die Ansagen entsprechend zu kultivieren. Ich glaube inzwischen, dass nur Zugführer werden darf, wer das möglichst genau so spricht. Die höheren Weihen bestehen jedoch darin, das ganze mit dem örtlichen Dialekt zu mischen: „Wellkomm in se EI-SI-IE tu Gorl-Morx-Schdadd weia Dräsden“. Und jetzt lass mal was Unerwartetes passieren! Ansage Köln-Deutz: „Meine sehr geehrten Damen und Herren. Wegen eines technischen Defektes werden die Wagen 31-39 vom Zug abgekoppelt. Wir bitten Sie, in den vorderen Zugteil umzusteigen“. (Pause). Originalton, unverändert! „Lädies end Schäntelmän…(Pause)…(sehr lange Pause)… se cars …. (ganz lange Pause)… ahr brohkn …. (NEIN, ich fass es nicht)… plies oal lief se cars…“ Ich? KrichKrise!!

Aber mein immer wiederkehrendes Lieblingsereignis ist, dass in dem ganzen Großraumwagen – wo sind die schönen Abteile von früher hin mit den tollen dicken Polstern, die man ausziehen konnte? – immer genau EIN Kleinkind den ganzen Laden unterhält. Grundsätzlich. Ich kann mich auch bewusst in einen kinderfreien Wagen setzen: Prompt kommt wie zur Grundausstattung entweder ein kreischendes Kleinkind oder eine Mutter mit zwei Gören hinzu, die unentwegt den Gang rauf und runterrennen und fünfundsiebzig mal fragen, wann sie endlich da sind. IchkrichsowasvondieKrise.

Mütter! Ich hab nichts gegen Eure Plagen. Von mir aus könnt ihr alle mit dem ICE nach Fickmühlen fahren (Reservierung nicht vergessen!). Aber wieso um alles in der Welt kommt niemand auf die Idee, mal Mütter/Väter-Kind-Waggons einzurichten? Da könnten die lärmen bis der Wackelpudding kommt. Ich würd die Wagen noch extra einrichten, mit Spielburgen, Sponge-Bob-Sitzen und bunt, dass einem die Glupscher wehtun. Ich zahl eh schon Schmerzensgeld. Ich würd auch noch fünf Euro pro Fahrt hinlegen, damit die freundliche Bahntante mit den Kleinen „Sänk ju for träwwelling“ übt. Bloß lasst mich ab und an in Ruhe die Zeitung lesen oder aufs Komfort-Klo gehen. Wenn’s denn mal funktioniert! Echt. Krisekrisekrise…

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2 Kommentare

  1. Saenk ju vor wraiting this topic.

    Ich glaab ju understand this.. 🙂

    Lodda midd e Pärfaeggd änglisch

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