Glückssache

*Bild von Erik auf Pixabay*

Glück liegt im Auge des Betrachters, sagt man so. Das kann aber nur das ‚Glücklich SEIN‘ betreffen, denk‘ ich mir. Ob sich jemand bei dem was er tut gerade glücklich fühlt oder nicht, muss nicht das Gleiche sein, was der Beobachtende sieht und so beurteilt. So weit, so klar. Aber was ist mit dem Moment, Glück GEHABT zu haben? Also etwas rückwirkend so zu beurteilen, dass eine Entscheidung glücklich war oder danach Glück gebracht hat? So eindeutig ist die Sache nämlich nicht. Wenn ich hundert Menschen frage, ob sie einen Lottogewinn als Glück empfinden, werden sich nicht viel weniger als 99 dafür entscheiden. Beim Geld sind sich also alle einig. Wenn ich aber sage, es ist Glück, nach Berlin zu ziehen, da würde ich mal auf höchstens 50% Zustimmung hoffen. Und was ist mit der Liebe? Ist es Glück, wie ich den richtigen Partner finde – und würde dafür jemand applaudieren?

Auf alle Fälle suchen so viele nach dem Liebesglück, dass die ganzen Dating-Apps richtig viel Kohle machen. Früher gehörte es ja auch zum Spannendsten, die Seiten mit den Kleinannoncen zu lesen. Welcher Fisch sucht welches Fahrrad? Dabei war das Ergebnis meist dasselbe wie heute: Man musste schon außerordentliches Glück haben, jemanden zu finden, mit dem man auch nur halbwegs zufrieden war. Und wenn ich mir den Unterschied vorstelle zwischen dem, was erhofft wird und dem was dabei rauskommt, dann ist es doch ganz schön viel Glück, einen Treffer zu landen. Das liegt vor allem daran, dass das, was die Suchenden über sich selbst schreiben, meist nicht dem entspricht, was daraus interpretiert wird. Und oft nicht mal dem, was andere über sie schreiben würden. Damals wie heute. Also beginnt das Glück schon damit, das Wahrhaftige zu lesen und das auch noch gut zu finden – was rein rechnerisch nur eine 25%ige Trefferquote ergibt. Wenn jeder zehnte Inserent attraktiv wäre, sind wir bei nur noch 2,5 %, falls ein Date überhaupt zustande kommt. Also müsste ich mathematisch begründet mindestens 40 erste Dates haben, um überhaupt jemanden finden zu können, der es mit mir aushält. Und wenn ich dann dieses Glück hätte, aber es nicht erkenne, fange ich wieder von vorne an. Wundert es eigentlich sonst niemanden, dass Angebot und Erfolgsquote so weit auseinander klaffen?

Bei mir hat alles mit einer wilden, geradezu unkontrollierten Anmeldewut auf allen möglichen Portalen angefangen. Ich war bei Parship, Bumble, Elite-Partner, OKCupid, C-Date, Verliebt-Ab-40, Gehofft-ab-50 und Vergessen-ab-60, aber nirgendwo war was zu reißen. Ich dachte halt, viel hilft viel. Alle Traumdealer hatten aber gemeinsam, dass es richtig teuer wurde, bevor es vollen Zugriff auf die Datenbank gab. Oder die Kontaktaufnahme möglich war. Klar, bei den Annoncen früher musste man ja auch was zahlen, aber für den Jahrespreis bei Parship hätte ich bei Zitty oder Tip! die Kleinanzeigenseite ganz alleine füllen können! Das Versprechen, unbegrenzten Zugriff auf tausende potentieller Partnerinnen bei gleichzeitig unvorstellbar kosmischer Reichweite zu erhalten, ließ mich nicht nur tief in die Tasche greifen, sondern unterstellte mir gleichzeitig: Wenn Du es bei diesem Angebot nicht schaffst, liegt es wahrscheinlich an Dir, Du alte Sackpfeife! Und das Risiko schien mir auf Dauer doch zu hoch.

Nachdem ich das Konzept nochmal überdacht hatte, schienen mir die Eventseiten doch attraktiver. Ich suchte mir irgendwas wie gemeinsames Bowling, Feuerwerk gucken oder Kino raus, aber merkte relativ schnell, dass hier nur die ganz Frustrierten zusammenkamen und da hatten wir ja auch alle was gemeinsam: Keine von den ganzen Frauen dort, die ich traf – und das waren wahrlich viele – schienen noch irgendwie dran zu glauben, dass es noch was wird mit dem Wunschpartner. Und denkt mal bloß nicht, dass da die süßesten Kirschen drunter waren. Je mehr ich kennenlernte, desto schlimmer wurde es. Problem erkannt, dachte ich mir. Dann macht mal schön weiter hier. Ich geh derweil in der Disco abhotten und werd‘ mir einen in den Turban kneten. Okay, dann diesen einen Versuch noch!. Kommt ja jetzt auch nicht mehr drauf an und das Lachen war auch wirklich zauberhaft. Sieht auch sehr natürlich aus und ehrlich, als ob wir gemeinsam eine Menge Spaß haben könnten. Aber hey, mach Dir jetzt bloß keine Hoffnungen, dachte ich. Ja, nee, ist klar.

Und dann geschah das, was Euch Betrachter da draußen überhaupt nicht im Auge liegen kann und nur darum geht es mir hier beim Spruch mit dem Glück. Es geschah das unfassbar größte Glück, was mir überhaupt nur passieren konnte. Und nicht, dass ich das sofort verstanden hätte. Erst viel später wurde mir das klar. Man kann eben nicht zur gleichen Zeit weise und verliebt sein, fürwahr. Und ich war schon ganz oft unsterblich verliebt. Aber erst als sich dieser ganz dichte Nebel legte, erst als ich in der Lage war, wieder klar zu denken, war klar: Alles gefunden und alles erreicht und alles bekommen, was ich mir immer gewünscht habe und noch viel mehr gratis dazu. Das Universum hat mir in einem ganz schweren Moment, als ich nicht mehr dazu in der Lage war, an mich selbst zu glauben und erst recht nicht mehr an das was ich wollte, mächtig aus der Patsche geholfen.

Wenn es für Euch glücklich aussieht, freu‘ ich mich drüber. Denn das ist es.

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